Das Landesgericht Köln ist in seinem Urteil (151 Ns 169/11) zu der Auffassung gelangt, dass eine nur religiös motivierte, nicht medizinisch indizierte Beschneidung als Körperverletzung im Sinne des deutschen Strafgesetzbuches anzusehen sei. Weder die Einwilligung der Eltern noch die Religionsfreiheit könnten diesen Eingriff rechtfertigen, stellte das Gericht in seiner Urteilsbegründung klar.
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Diese Entscheidung ist entsetzend. Es ist unbegreiflich, warum das Gericht einen Brauch zur Straftat erklärt, der von einem Viertel der Weltbevölkerung – also fast einen Milliarde Männer – seit Jahrtausenden praktiziert wird. Damit beschneidet das Urteil selbst die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit und das erzieherische Rechte der Eltern.
Könnte ein Grund dafür, warum dem Richter diese Einschränkung der Beschneidung nicht so erschütternd und gefährlich schien, ein Missverständnis sein, eine Fehleinschätzung über die Art, wie Identität und Religion einem jungen Menschen vermittelt werden? Denn mit einem Verbot der Beschneidung wird nicht etwa dem Kind die Wahl gelassen, später seine Religionszugehörigkeit zu wählen. Vielmehr wird jedem jüdischen und muslimischen Kind hier und heute verboten, mit der eigenen Religionspraxis aufzuwachsen. Hinzukommt, im Gegensatz zu dem jüdischen Brauch, die Beschneidung am achten Lebenstag zu vollziehen, ist es erheblich schwieriger und risikoreicher, diesen Akt in höherem Alter durchzuführen. Im Ergebnis könnte man zu dem Schluss kommen, das Gericht wolle mit seinem Urteil grundsätzlich verhindern, dass Hunderttausende junge Männer ihre religiöse Praxis ausüben.
Sind wir etwa im neunzehnten Jahrhundert gelandet, wo man die Religion versucht zu verdrängen, besonders die Minderheitreligionen?
G”tt sei dank leben wir in einem Land, in dem sich zumindest die Religionsgemeinschaften solidarisieren, wie aus den folgenden Pressemitteilungen eindrucksvoll ersichtlich wird. Den Partnern des interreligiösen Dialogs gilt an dieser Stelle besonderer Dank für ihre Unterstützung. Hoffen wir nun, dass der Gesetzgeber möglichste schnell die Religionsfreiheit mit einem Schutz der religiösen Beschneidung stärken wird.
Orthodoxe Rabbiner Konferenz Deutschland:
Schätzungsweise fast eine Milliarde Männer weltweit sind beschnitten, meist aus religiösen, kulturellen oder präventiv gesundheitlichen Gründen, aber wohlgemerkt in der Regel ohne medizinische Indikation – handelt es sich hier um millionenfache Körperverletzung? Kann eine so alte und weltweit verbreitete Tradition als unrechtens gebrandmarkt werden?
Beschneidung ist für das Judentum unverzichtbar! Ohne das Recht auf Beschneidung ist die vom Grundgesetz zugesicherte Religionsfreiheit für das Judentum eine leere Hülle und ein reines Lippenbekenntnis.
Zentralrat der Juden in Deutschland:
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Dieter Graumann:
„Diese Rechtssprechung ist ein unerhörter und unsensibler Akt. Die Beschneidung von neugeborenen Jungen ist fester Bestandteil der jüdischen Religion und wird seit Jahrtausenden weltweit praktiziert. In jedem Land der Welt wird dieses religiöse Recht respektiert.“Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert den Deutschen Bundestag als Gesetzgeber auf, Rechtssicherheit zu schaffen und so die Religionsfreiheit vor Angriffen zu schützen.
Deutsche Bischofskonferenz (katholisch):
„Das Urteil des Kölner Landgerichts zur Beschneidung von Jungen ist äußerst befremdlich, weil es der grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit der Eltern und ihrem Erziehungsrecht in keiner Weise gerecht wird. Der Gegensatz zwischen dem Grundrecht auf Religionsfreiheit und dem Wohl des Kindes, den die Richter konstruieren, vermag in diesem Fall nicht zu überzeugen. Der gesundheitliche Nutzen der Beschneidung wird von Medizinern unterschiedlich beurteilt. Dass die Beschneidung dem Wohl des Kindes widerspricht und ihm oder dem späteren Erwachsenen einen Schaden zufügt, wird von den Richtern jedoch lediglich behauptet. Die bisherigen Erfahrungen in Deutschland und weltweit geben Anlass zu berechtigten Zweifeln.
Es ist auch nicht einsichtig, weshalb die Beschneidung dem Interesse des Kindes zuwiderlaufen soll, später selbst über seine Religionszugehörigkeit zu entscheiden. Die Freiheit, sich zu einem anderen Zeitpunkt von der Religion der Eltern abzuwenden, wird durch die Beschneidung in keiner Weise eingeschränkt. Hingegen ist das Verbot der Beschneidung im Kindesalter ein schwerwiegender Eingriff in die Religionsfreiheit und das Erziehungsrecht der Eltern.
Evangelische Kirche in Deutschland:
Der Präsident des Kirchenamtes der Evangelischen Kirche in Deutschland, Hans Ulrich Anke, sieht die gestrige Entscheidung des Landgerichtes Köln zur Beschneidung kritisch. …
Das Gericht habe es nach Ansicht von Anke versäumt, die Religionsfreiheit und das elterliche Erziehungs- und Personensorgerecht mit dem Recht der körperlichen Unversehrtheit des einwilligungsunfähigen Kindes in angemessener Weise und unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit abzuwägen. Die Entscheidung bedürfe deshalb der Korrektur, denn es sei auf jeden Fall nötig, dass es in dieser Frage in Deutschland Rechtssicherheit gebe. Das Landgericht, so Anke weiter, leiste die gebotene Abwägung verschiedener Rechtsgüter nicht in der erforderlichen Weise, denn: „Die Beschneidung hat für Juden und Muslime eine zentrale religiöse Bedeutung. Dieses berücksichtigt das Urteil nicht hinreichend. Zudem verkürzt es das elterliche Personensorgerecht, das sich auch auf die Religionsfreiheit stützte. Das elterliche Recht der Personensorge, gerade auch in religiösen Dingen, ist ein hohes Rechtsgut, denn es trägt auch dem Gedanken des Schutzes der Familie Rechnung und dient gerade dem Wohl des Kindes. Dazu gehört auch, ein Kind in sein Umfeld und in das religiöse Leben seiner Familie hinein zu nehmen“.
Deutscher Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit:
Der Deutsche Koordinierungsrat hält das Urteil des Kölner Landgerichts, das die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als Körperverletzung bewertet, für verfassungswidrig.
Präsidium und Vorstand des Deutschen Koordinierungsrates erklärten heute:
„Die unveräußerlichen Grundrechte der Bundesrepublik Deutschland gewährleisten die ungestörte Religionsausübung‘ (Artikel 4 Grundgesetz). Die Beschneidung von jüdischen Jungen am achten Tag nach der Geburt ist ein biblisches ,Gebot an Mose vom Berg Sinai‘ und damit unaufgebbarer Bestandteil jüdischer Religionspraxis, mehr noch, sie ist Ausdruck des Bundes Gottes mit seinem Volk Israel.
Die Vornahme dieser Beschneidung zu kriminalisieren, bedeutet nichts anderes als jüdisches Leben in Deutschland grundsätzlich für unerwünscht zu erklären.“Präsidium und Vorstand drückten ihre Hoffnung aus, dass das Urteil des Landgerichtes Köln (LG Köln, Urt. v. 07.05.2012, Az. 151 Ns 169/11) alsbald vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird.
Zentralrat der Muslime in Deutschland:
„Die Religionsfreiheit ist ein sehr hohes Gut in unserer Verfassung und darf nicht Spielball einer eindimensionalen Rechtsprechung sein, die obendrein diesem Thema gegenüber bestehende Vorurteile und Klischees noch weiter verfestigt“, sagte heute der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek in Köln.
Koordinationsrat der Muslime in Deutschland:
Kizilkaya sagte: „Das Urteil nimmt keinerlei Rücksicht auf die seit Jahrtausenden weltweit durchgeführte religiöse Praxis der Beschneidung von muslimischen und jüdischen Jungen. Handlungen, die wesentlicher Bestandteil von Islam und Judentum sind und als abrahamitische Tradition seit Jahrtausenden durchgeführt werden, werden damit in Deutschland kriminalisiert.“
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