Verbotene Mischungen

August 31, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinyViele Menschen glauben, dass das Judentum botanische und zoologische Kreuzungen verbietet. Schließlich steht ja in unserer Parascha (22:9): „Du sollst deinen Weinberg nicht mit zweierlei Gewächs bepflanzen, damit nicht das Ganze dem Heiligtum verfalle, was du angepflanzt hast und der Ertrag des Weinbergs.“ Nur ist diese Interpretation nicht botanisch vertretbar. Aus Weizen, der bei Weinreben eingepflanzt wird, kann keine neue gekreuzte Pflanzenart wachsen. Im unmittelbar nächsten Vers verbietet die Tora übrigens unter dem gleichen Nenner von „Kilajim“, „zugleich mit einem Ochsen und Esel ackern.“ Vom einfach zusammen im … eingespannt zu sein, werden erst recht keine neuen gemischten Tierarten entstehen. Read the rest of this entry »


Weshalb zählen, oder wozu?

July 11, 2017
Philippoteaux_The_Numbering_of_the_Israelites

Die Volkszählung der Israeliten, Philippoteaux

Austrian-German_Swiss_flags-tinyIm Buch Bamidbar das wir der­zeit lesen werden Zahlen, oder besser gesagt Zählungen, groß geschrie­ben. Am Anfang des Buches Bamidbar werden die zwölf Stämme gezählt, mit Ausnahme des Stam­mes Lewi, das unmittelbar danach separat gezählt wird. In unserem Wochen­abschnitt wird die Volks­zählung der zwölf Stämme (wie­der­um, mit Ausnahme des Stammes Lewi, welches separat und nach anderen Alterskriterien gezählt wird) erneut durchgeführt. Daher ist es kein Wunder, dass unsere Weisen das Buch auch Chomesch ha-Pekudim — das Buch der Volkszählungen — nennen, was freilich in Lateinisch Numerii heißen könnte. Verzeihung, es Read the rest of this entry »


Chukim und Mischpatim – verschiedene Arten Mizwot

June 30, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinyAls Raw Yehuda Amital einst den Schabbat in einem religiös & sekulär gemischten Moschaw verbrachte, beteiligte sich eine sichtbar sekuläre junge Dame am Schabbatprogramm und fragte ihn irgendwann: Kewod haRaw (Herr Rabbiner), ich bin vom heutigen Schabbat sehr angetan. Es ist sehr berührend, wie Ihr den Schabbat leidenschaftlich feiert, ja, ihn in der Seele spürt und überhaupt nach der Tora lebt. Ich bin nun entschlossen, ebenfalls datija (religiös) zu werden. Wie soll ich anfangen?“

Daraufhin antwortete Raw Amital:

Suche dir drei Mizwot aus, die du bereits anfangen möchtest einzuhalten. Aber nicht irgendwelche drei, sondern suche dir eine Mizwa aus, die Read the rest of this entry »


Wozu sendete Mosche Kundschafter?

June 15, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinyAm Anfang der Parascha dieser Woche sendet Mosche zwölf Kundschafter, um das Heilige Land zu erkunden. Leider hat diese Aktion desaströse Folgen, denn trotz des schönen, fruchtbaren Landes, das sie besuchen, schließen sie in ihren Bericht eine Warnung mit ein (Bamidbar 13:31): Die Männer, die mit hinaufgezogen waren, sprachen: Wir können nicht hinaufziehen gegen das Volk, denn es ist uns zu stark! Als Folge davon weigert sich das Volk, in das Heilige Land einzureisen. Dafür wird es bestraft und darf nicht mehr einreisen, sondern bleibt 40 Jahre in der Wüste, bis jene Generation ausgestorben ist; erst die Kinder und Enkelkinder dieser Generation ziehen in das Heilige Land.

Was ist hier falsch gelaufen? Hatte Mosche die Kundschafter nicht „al Pi haSchem“, nach dem Geheiß G“ttes, entsendet? Read the rest of this entry »


Nach welchem Prinzip wurden die Abschnitte der Tora organisiert?

June 9, 2017

Close-Up des Codex Leningrad – ein wesentlicher Manuskript des Tanachs aus dem 11. Jahrhundert

Austrian-German_Swiss_flags-tinyWenn wir Tora lesen, merken wir relativ schnell, dass sämtliche Abschnitte größere Einheiten bilden, in denen es eine Chronologie, eine zeitliche Reihenfolge gibt. So beginnt das Buch Berejschit mit der Erschaffung der Welt, erst nachher folgt die Sintflut und danach die Geschichte unserer Vorväter. Die Geschichte Abrahams kommt zuerst, bevor die Geschichten seines Sohnes Jitzchak und seines Enkels Jaakow erzählt werden. Das Buch schließt mit der Geschichte der vierten Generation.

Auch im Buch Schemot gibt es eine allgemeine zeitliche Reihenfolge: Die Israeliten werden versklavt und unterdrückt, Mosche wird unter diesen Umständen geboren, wächst auf, sieht das Leid seiner Brüder, flüchtet und kommt zurück, um sie auf Geheiß G“ttes zu erlösen. Ägypten lässt das Volk Israel nach zehn schrecklichen Plagen fortziehen, in der Wüste offenbart sich G“tt und vermittelt das Zehnwort, und das Volk Israel baut ein Stiftzelt, um die Präsenz G“ttes auch nach dem Wegzug vom Berg Sinai in ihrer Mitte genießen zu können. Es passt chronologisch. Eine ähnliche Analyse würde auch zu den anderen drei Büchern des Pentateuchs passen.

Dennoch passt das chronologische Modell nicht ganz. Read the rest of this entry »


Fremdlinge und Ansässige seid Ihr bei Mir – Zum Sinne des Buchs Wajikra

May 18, 2017

Anfang des Buchs Wajikra im Codex Aleppo

Austrian-German_Swiss_flags-tinyKönnen wir nun Speck essen? – fragte zuletzt ein Artikel in der israelischen Zeitung Haaretz, der behauptete, dass die Gesetze des Buches Wajikra vielleicht nur für die Kohanim (Priester) gemeint waren.1

Dass die Haaretz sich irrt, ist leicht zu beweisen. Viele Ge- und Verbote werden ausdrücklich an das gesamte Volk gerichtet („Spreche zu den Kindern Israels“), und ausgerechnet in diesem Buch begegnen wir vielen Ge- und Verboten zur Ehrlichkeit (Wajikra 19:11-13: „Ihr sollt einander nicht bestehlen, nicht belügen noch betrügen … nicht falsch schwören … deinen Nächsten weder bedrücken noch berauben…“) und den Wohltätigkeitsgesetzen, die selbstverständlich nicht nur für die Kohanim gelten.

Dennoch beweist der Artikel, was Rabbiner Joseph Ber Soloveitchik vor einigen Jahrzehnten auf Jiddisch sagte Read the rest of this entry »


Die trockene Gebeine, die zum Leben erwachten (Gastbeitrag zur Haftara von Schabbat Chol haMo’ed)

April 13, 2017

Detail der Knesset Menora von Benno Elkan, der die Wiederbelebung der trockenen Gebeinen abbildet

Austrian-German_Swiss_flags-tinyVon Frau Dr. Chani HinkerDie Haftara am Schabbat Chol HaMo’ed Pessach beschreibt die Vision des im babylo­nischen Exil wirkenden Propheten Jecheskel (Ezekiel), die berühmt ist für ihr Versprechen der Auferstehung der „verdorrten Gebeine“ (Jecheskel 37:1-14).

Jecheskel befindet sich in einem Tal voll ver­dorrter Gebeine. Der Prophet spricht die Gebeine im Namen des Ewigen an: „Siehe, ich will einen Odem in euch bringen, dass ihr sollt lebendig werden … Ich will euch Adern geben und Fleisch lassen über euch wachsen und euch mit Haut überziehen … und ihr sollt erfahren, dass ich der Ewige bin“ (37:5-6). Die Knochen verbinden sich zu ganzen Skeletten, „es wuchsen Adern und Fleisch darauf und sie wurden mit Haut überzogen“ (37:8). Aber das Tal liegt immer noch im Schatten des Todes. Read the rest of this entry »


Ist Heiligkeit ansteckend?

April 6, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinySind die Gesetze der Tieropfer in der Tora nur arkane und in der heutigen Zeit nicht relevanten Regel und intellektuelen Merkwürdigkeiten? Oder können wir vielleicht sogar moralische Lehren für den Alltag aus den Einzelheiten dieser Gesetze ziehen?

Read the rest of this entry »


Welche Bedeutung haben Feueropfer heutzutage noch?

March 30, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinyDas Thema der zwei ersten Wochenabschnitte des Buches Wajikra, fällt uns Kindern der Moderne schwer zu begreifen. Der Abschnitt Wajikra listet die unterschiedlichen Tieropfer, die ein Jude bringen konnte, und der Abschnitt Zaw erläutert, was die Kohanim (dynastische Priester) damit im Stiftzelt und später im Tempel in Jerusalem zu tun hatten. Dass wir uns schwer tun, es zu verstehen, überrascht nicht, schließlich liegt der Bejt haMikdasch, unser Heiligtum in Jerusalem und der heiligste jüdische Ort auf Erden, seit seiner Zerstörung durch die barbarischen Römer vor über 1900 Jahren, in Trümmern.
Read the rest of this entry »


Ner Tamid – Das ewige Licht

March 8, 2017

Austrian-German_Swiss_flags-tinyIn der Synagoge brennt ein Licht, dass nie ausgelöscht wird. Es brennt Tag und Nacht. Kommt man nachts oder frühmorgens in die Synagoge, bevor das Licht eingeschaltet wird, richtet sich unser Blick unmittelbar auf das kleine winzige Licht einer Glühbirne oder einer Öllampe, das einen großen Schatten an die Wände wirft.

Wer leider einen nahen Verwandten verloren hat, weiß, dass getrauert, Kaddisch gesprochen und ein Licht angezündet wird. Zahlreiche Leute zünden am Anfang der Schiwe-Trauerwoche eine Kerze an, die eine ganze Woche brennt, und andere Leute sorgen sogar dafür, dass diese Kerze wiederholt abgelöst wird, damit ein ganzes Jahr lang, bis zur ersten Jahrzeit, im Trauerhaus eine Kerze brennt.

Woher kommt der Gedanke des ewigen Lichtes und was symbolisiert es? Read the rest of this entry »