Neues Buch zum jüdisch-katholischen Dialog, mit wesentlichen jüdisch-theologischen Beiträgen

August 8, 2021
Rabbiner im Gespräch mit dem Vatikan

Liebe Leser, in großer Dankbarkeit darf ich bekanntgeben, dass mein neuestes Buch, den ich zusammen mir Rabbiner Dr. Josh Ahrens verfasst, habe und der wesentliche Beiträgen verschiedener Autoren einschließt, nun herausgegeben wurde.

In diesem Band erkundigen wir die Geschichte des orthodox-jüdischen Dialogs mit der katholischen Kirche, insbesondere seit dem 2. vatikanischen Konzil, und die orthodoxe rabbinische Dokumente, die im Sog von Nostra Aetate verfasst wurden. Wir kommentieren aus jüdisch-theologischer Sicht auch wesentliche historische Ereignisse der jüdischen Geschichte, insbesondere Exil vom und Rückkehr in das verheißene Land, und erwidern aus jüdisch-theologischer Sicht manche kontroversielle Positionen von katholischen Würdenträgern, insbesondere Papst emeritus Benedikt XVI. Das Band schließt Beiträge von orthodoxen Rabbinern und engagierten katholischen Würdenträgern zum Thema der Landverheißung Israels und zu Gemeinsamheiten und Differenzen, die den jüdisch-katholischen Dialog umrahmen.

Arie Folger, Jehoschua Ahrens (Hg.)
Rabbiner im Gespräch mit dem Vatikan
Jüdisch-katholische Beziehungen nach Nostra Aetate und Korrespondenzen mit Benedikt XVI.
ISBN: 978-3-643-14692-2
Reihe: Forum Christen und Juden , Bd. 20

Erhältlich beim LIT Verlag

Und bei Amazon


Der Weg ist das Leben

July 2, 2021
Oasis of Mara | NPS/Robb Hannawacker | Joshua Tree ...
Oase von Mara, in der Sinai-Wüste

Der Tora-Wochenabschnitt Mass’ej erzählt von 42 Stätten, an denen das Volk Israel während der 40 Jahren der Wüstenwanderung, vom Auszug aus Ägypten bis seiner Einreise ins verheißene Land, sein Lager aufgeschlagen hatte. Auf dem ersten Blick wirkt diese List eher belanglos; was macht es aus, wo sie besuchten?

Da ihre Anwesenheit an diesen Orten zeitlich beschränkt war, haben sie keine architektonische Bauwerke hinterlassen, keine Friedhöfe angelegt, keine Mausoläen gebaut und die Landschaft nicht erheblich verändert. Diese Stätten waren Oasen in der Wüste oder Dörfer am Rande der Wüste und keine Machtzentren; dort haben sie so möglich keine Kriege geführt1 und gingen Konflikte lieber aus dem Weg.2

Wenn sie dort weder was Wesentliches mitgenommen noch hinterlassen haben, was für eine Bedeutung haben diese Stationen ihrer Reise?

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Welche Tora ist von welchem Sinai?

June 4, 2021
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Zu Schawuot feiern wir das Jubiläum der Offenbarung am Berg Sinai. Über die Tora sagen wir, dass sie von Sinai ist, aber welche Tora ist von welchem Sinai?

Im Film „The Chosen“ (Der Erwählte, 1981) erklärt Prof. David Malter, gespielt von Maximillian Schell, seinem Sohn Reuven, gespielt von Barry Miller, was der wesentliche Unterschied zwischen seinem Glauben und dem von Reb Saunders (Rod Steiger) ist: Reb Saunders glaubt, dass die Tora Wort für Wort von G“tt dem Mosche diktiert wurde, während er, Prof. Malter glaubt, dass G“tt Mosche inspirierte, die Tora zu schreiben. Wie so häufig in Hollywood, weicht der Film hier in wichtigen Details vom Original von Chaim Potok ab. Chaim Potok versuchte, einen Spagat innerhalb der Orthodoxie zu beschreiben (insbesondere, die Differenzen zwischen Mitnagdim und Chassidim) und zwei unerwartete Freunde diesen Spagat überbrücken zu lassen, während der Screenwriter Edwin Gordon weniger in den Feinheiten der innerorthodoxen Differenzen bewandert zu sein scheint und aus Prof. Malter einen Conservative, also Theologen der in den USA verbreiteten liberalen jüdischen Richtung macht.

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Alle sind Adlige

June 2, 2021
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/en/thumb/7/75/Heb_cover_hi.jpg/1200px-Heb_cover_hi.jpg

Am Ende des Tora-Wochenabschnittes Schelach begegnen wir ein ganz vielen Juden bekanntes Kapitel: den dritten Abschnitt von Keriat Schma (zum Glaubensbekenntnis Schma Jissraël sprechen wir drei kurze Bibelabschnitte).

Dort heißt es : „Und der Ewige sprach zu Mosche und sagte: ‚Rede mit den Kindern Israel und sage ihnen, dass sie – während allen Geschlechtern – Zizit an den Ecken ihrer Kleider machen, und auf den Zizit an der Ecke einen blauen Schnur anbringen.‘“

Heute kennt kaum jemand diese Praxis; die Fäden an den Ecken der Talitot sind ganz weiß, weil bereits vor viele Jahrhunderten die Tradition, wie die besondere blaue Farbe für einen Teil der Fäden verloren ging, aber das Gesetz bleibt bis heute rechtskräftig.

Unter den Römern ging diese Praxis stark zurück, und nach der islamischen Eroberung verschwand sie komplett. Die Römer erlaubten nur der Adel, Stoffe dieser Farbe zu tragen; die Farbe war sehr teuer und durch das Verbot des Tragens dieser Farbe konnte der Adel sich solche Kleider günstiger beschaffen. Nach der islamischen Eroberung wurden gefärbte Kleider für eine Weile komplett tabu und ging die Industrie der Gewinnung dieser Farbe komplett unter.

Was soll dieser blaue Schnur bedeuten?

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Utopischer als die Propheten

October 29, 2020

Dieser Artikel erschien im Oktober 2020 in der Jüdischen Allgemeine.

Austrian-German_Swiss_flags-tinyIn seiner neusten Enzyklika «Fratelli tutti» (Alle Brüder) forder Papst Franziskus eine radikale wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Wende. Franziskus beklagt „eine Zersplitterung“ der Gesellschaft, die zum Beispiel in der jetzt tobenden Pandemie „die Unfähigkeit hinsichtlich eines gemeinsamen Handelns zum Vorschein“ bringt (§7) Er beklagt aber auch „unzeitgemäße Konflikte“, „verbohrte, übertriebene, wütende und aggressive Nationalismen… mit neuen Formen des Egoismus und des Verlusts des Sozialempfindens“ (§11), ein „Desinteresse für das Allgemeinwohl“ das „von der globalen Wirtschaft instrumentalisiert“ wird, „welche die Einzelinteressen bevorzugt und die gemeinschaftliche Dimension der Existenz schwächt“ (§12).

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Warum wir ins ägyptische Exil gingen

April 7, 2020

Austrian-German_Swiss_flags-tinyaudio-input-microphoneZum Pessach-Seder feiern wir unsere Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei. Diese Befreiung prägt uns gewaldig. Kaum ein anderes Thema wir so häufig im Pentateuch betont. Der Autor vom Sefer haChinuch erklärt die zahlreiche Mizwot, die mit der Erinnerung an den Auszug aus Ägypten begründet werden damit, dass mit unserer Befreiung durch G”tt unsere Beziehung mit IHM eine radikal andere Dimension entwickelt hat; erst nchher beauftragte ER uns, die Tora zu erfüllen.

Die Frage die dabei aber nicht gestellt oder wenigstens noch nicht beantwortet wird, ist wieso wir überhaupt den ägyptischen Exil erleben müssten Anbei ein Audio-Schiur, in dem ich auf dieser Frage Bezig nehme. Der Schiur wurde in der ZPC-Schule aufgenommen. Read the rest of this entry »


Ein geheimnisvoller Fasttag in Tewet

January 5, 2020

Heichal 1st Temple

Rekonstruktion des Inneren des Heiligtums im 1. Tempel Jerusalems – © Temple Institute

Austrian-German_Swiss_flags-tinyFür alles braucht man Glück, auch die Torarollen im Toraschrein brauchen Glück, lautet ein bekannter jüdischer Spruch aus dem Buch Sohar (Nasso 134). So ist es auch mit den heiligen jüdischen Tagen – manche sind bekannter, während andere weniger Popularität genießen. Zu den letzteren gehört der kürzeste Fasttag des Jahres, der 10. Tewet, der diesmal auf Dienstag, den 7. Januar 2020 fällt.

Weniger populär heißt aber nicht weniger bedeutend, und hinter diesem Fasttag verstecken sich einige erstaunliche Geschichten und profunde Deutungen.

Dies ist eine vollständigere Version eines Artikels, den ich in der Jüdischen Allgemeine veröffentlichte. Read the rest of this entry »


Berlin ist „zwischen Jerusalem und Rom“

January 1, 2020

20191104 - Fachkonferenz DBK und ORD Gruppenbild

Austrian-German_Swiss_flags-tinyAus dem neuesten ORD-Magazin: Rabbiner Arie Folger aus Wien schloss sich am Sonntag 3. November Rabbinern der ORD in Berlin für eine Tagung mit katholischen Bischöfen an. Anbei ein Interview zu dieser Tagung und zur Bedeutung interreligiöser Begegnungen.

Herr Rabbiner Folger, Sie kommen soeben von einer interreligiösen Fachtagung der ORD mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz zurück. Finden Sie solche Begegnungen wichtig; wenn ja, wieso? Read the rest of this entry »


Gefahr für den Dialog?

January 1, 2020

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Synagoga auf der Fassade der Kathedrale in Metz

Austrian-German_Swiss_flags-tinyDas jüngste Traktat von Benedikt XVI. zu jüdisch-christlichen Fragen steht in der Kritik. Der Text ist stellenweise problematisch. Doch kann er nicht mit Maßstäben des interreligiösen Dialogs gemessen werden. [Erschien in der Jüdischen Allgemeine am 16.07.2018]

Als sich am 26. Oktober des vergangenen Jahres jüdische und katholische Vertreter im Wien versammelten, um die festliche Übergabe der deutschen Fassung der rabbinischen Deklaration »Zwischen Jerusalem und Rom« zu feiern, trocknete die Tinte der letzten Zeilen einer Schrift des emeritierten Papstes Benedikt XVI. Diese erschien jetzt in der theologischen Zeitschrift »Communio« – und macht Schlagzeilen.

In der öffentlichen Diskussion heißt es, dass unsere Erklärung völlig ignoriert werde und der Text gegen den Geist der mittlerweile mehr als 50 Jahre alten katholischen Deklaration Nostra Aetate wirke, dem christlich-jüdischen Dialog erheblicher Schaden zugefügt und sogar am Fundament für neuen Antisemitismus auf christlicher Grundlage baue. Stimmt das? Read the rest of this entry »


Kinder für die Umwelt

December 18, 2019

The_Earth_seen_from_Apollo_17

Austrian-German_Swiss_flags-tinyMiley Cyrus will keine Kinder bekommen: »So lange ich nicht weiß, dass meine Kinder auf einer Erde leben können, in der Fische in den Wässern schwimmen, setze ich niemanden in die Welt, der damit kämpfen muss«, enthüllte die Sängerin und Schauspielerin vor Kurzem.1 Noch extremer äußert sich die Buchautorin Verena Braunschweiger: Kinder seien „das Schlimmste, was man der Umwelt antun kann“.2 Diesen Promis gingen weniger bekannte Aktivistinnen voran, wie etwa die Amerikanerin Katie Rose Levin.3

Doch ist dies aus ethischer Sicht die richtige Entscheidung? Read the rest of this entry »