Zwischen 1994 und 2003 wurde eine amerikanische Fernsehdrama-Serie Namens „Ein Hauch vom Himmel“ (Engl.: Touched by an Angel) in neun Staffeln produziert. Die Hauptfiguren waren drei Engel, die vom Himmel gesendet wurden, um Menschen in Schwierigkeiten und Nöten beizustehen. Die Voraussetzung der Serie ist, dass Engel wie Menschen aussehen (können) und unter Menschen unauffällig auftreten (können). Obwohl die Serie mit elf Emmi-Award- und drei Golden-Globe-Nominationen deutlich sehr gut angekommen ist und das Produkt guter Schauspielerkunst war, ist die Voraussetzung nicht unbedingt gut fundiert.
Was sind Engel?
Im Gebet erwähnen wir im ersten Segensspruch vor dem Schma Jisrael mehreren Arten Engel.
Im neoaristotelischen Rationalismus von Rambam gibt es für solche Engel keinen Platz. Nicht, dass Maimonides nicht an Engel glaubte, sondern ist er der Meinung, dass sie zu sublim, zu erhaben, zu geistig sind, um einem menschlichen oder anderen Körper innezuwohnen. In der aristotelischen Terminologie sind sie reine Geiste, Form ohne Materie (Rambam „Hilchot Jesodej haTora“ Kap. 2, “Führer der Unschlüssigen” 2:6). Engel sind rein geistige Geschöpfe, die so sehr vom krassen Materialismus des Diesseits entfernt sind, dass sie sogar keinen freien Willen besitzen, da im geistigen Reich alles glasklar ist und der Willen selbstverständlich umgesetzt wird. Sie sind so erhaben, dass der Mensch sie überhaupt nicht fassen kann. Rambam unterscheidet zehn Arten Engel, der eine erhabener als der andere. Einige davon erwähnen wir täglich im Morgengebet: והאופנים וחיות הקודש … לאומת השרפים Ofanim, heilige Chajot und Serafim. Lediglich die niedrigsten der zehn Stufen Engel, die Ischim, können dem Menschen im prophetischen Traum erscheinen. Von den höheren Engeln erfährt nur der Prophet in einer eigentlichen Prophezeiung.
Rambams Verständnis der Engel – in dem auch alle Naturkräfte Engel sind, da sie den Willen G”ttes in der Natur umsetzen – passt gut zum Rationalismus des von der Wissenschaft geprägten Menschen. Schließlich können höchstens die allerwenigsten unter uns von einer Begegnung mit einem Engel erzählen. Außerdem heißt das hebräische Wort für Engel – Malach – ebenfalls Gesandte, und kann genau so gut einen Menschen beschreiben, der von G“tt, vielleicht in einer Prophezeiung, beauftragt wurde. Jedoch reichen diese Erklärungen nicht aus, um alle Engel-Erscheinungen im Tanach zu erklären. Der Engel, der später die Mutter von Samson aufsuchte, stieg in den Flammen eines Tieropfers zum Himmel auf (Schoftim / Richter XIII), was kein Mensch kann. Die Engel, die in unserem Wochenabschnitt Abraham und Sara besuchten, sagten später zu Lot, den sie dann retteten, dass sie, also sie selber, die Städte S‘dom und Amorrah zerstören. Diese wurden in einer gewaltigen Katastrophe eines derartigen Ausmaßes zerstört, das der Mensch erst im 20. Jahrhundert nachahmen konnte. Menschliche Gesandte G“ttes waren diese Engel also nicht.
Im Unterschied zu Rambam bemerkt Ramban, dass man vernünftigerweise kaum behaupten kann, dass die Begegnung Abrahams und Saras mit den Engeln, sowie die der Eltern Samsons in einem prophetischen Traum stattfand. Hatten etwa Mann und Frau separat den gleichen Traum? Beinhaltete die Prophezeiung sogar das, was Abraham zu Sara sagte, und was Sara ihm erwiderte?! Wieso hinkte der Stammvater Jaakow nach seinem Kampf mit dem Engel, wenn nach Rambam jene Begegnung ebenfalls nur im prophetischen Traum stattfand? Viel eher, sagt Ramban, stellt die Begegnung eines Engels eine bedeutend niedrigere Stufe der Offenbarung dar, als die Prophezeiung und kann sogar von einem erwachten Menschen erfahren werden.
In der Fernsehserie begegneten ganz einfache Menschen Engeln, einfach, weil es denen im Leben nicht gut ging. Obwohl Engel in menschlicher Form nach manchen jüdischen Quellen durchaus vorstellbar sind, gehört die Allgegenwärtigkeit der Engel in der Fernsehserie zum Ausdruck der künstlerischen Freiheit. Dass wir nie einem Engel be-
wusst begegnen, wäre nach Ramban Folge unserer besonders niedrigen Geistigkeit.