Eine Umfrage, die im Jahr 2008 in der Schweiz durchgeführt wurde, hat ergeben, dass ein wenig mehr als die Hälfte der Befragten es für zulässig halten, bei einem potentiellen Sexualpartner Annäherungsversuche zu machen, obwohl er oder sie offenbar gebunden ist, z.B. deutlich sichtbar einen Ehering trägt. Die Mehrheit der Befragten fand, dass es ganz in der Verantwortung der Person mit festem Partner liegt, ob sie auf die Annäherungsversuche Dritter eingeht oder nicht. In gewisser Weise ist diese Umfrage ein Kommentar zu unserer Parascha: „Ich pfeife auf Lo Tin’af (du sollst nicht ehebrechen), und nichts soll meinem Glück im Weg stehen.“ Ähnliche Ergebnisse dürfen wir aus allen westlichen Ländern erwarten.
Aber was für ein flüchtiges Glück ist das! Das Glück, das man in der modernen westlichen Welt nach dem Motto erhascht „alles ist erlaubt, nutze die Gelegenheit“, ist ganz äusserlich. Mit ihrer moralischen Haltung, die alles durchgehen lässt, befreit die westliche Gesellschaft die Menschen nicht etwa von der Unterdrückung durch prüde Sittsamkeit, sondern macht sie zu Sklaven ihrer Fleischlichkeit. Man sieht gar nicht mehr, dass Menschen auch Qualitäten besitzen, die von einer intimen Beziehung unabhängig sind. Freuds Annahme, dass sich alles um Sexualität dreht, ist zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung geworden – heute gibt es einen starken gesellschaftlichen Druck, alles unter der Perspektive der körperlichen Intimität zu sehen.
In einer anderen, informellen Umfrage wurden Schulkinder einer jüdischen Gemeinde gefragt, welches der Zehn Worte sie für das wichtigste hielten. Alle, observante und säkulare gleichermassen, äusserten die Meinung, dass es eben “Du sollst nicht ehebrechen” sei, weil es mehr als die anderen Sicherheit und eine tiefergehende Art von Liebe in die Familie bringt. Wir wägen einzelnen Mizwot nicht gegeneinander ab, aber unsere Kinder zeigen uns, wie wichtig ein Gegengewicht zu der westlichen Moral ist. Wir dürfen nicht übersehen, welche Auswirkungen Liebesaffären auf andere haben. Wir dürfen nicht übersehen, wie sehr man durch Untreue den Partner verletzt und sich selbst erniedrigt – und wie flüchtig das Glück ist, das man dabei erlebt. Was für ein Glück kann das schon sein, wenn man den Schmerz des Ehepartners ignoriert? Am Ende überwiegt das Unglück.
Entgegen der Meinung, dass eine Person, die bereits einen Partner hat, ganz allein dafür verantwortlich ist, ob sie treu bleibt oder nicht, lehrt die Tora: Kol Jissraël ‘Arewim seh baseh – wir Juden sind alle für das Wohlbefinden des andern verantwortlich, in physischer und in spiritueller Hinsicht. Wir dürfen nicht jemanden in die Irre gehen lassen, auch wenn uns das persönlich gleichgültig wäre. Auch wenn uns eine gewisses Mass an Egoismus angeboren ist, muss der Schmerz des anderen auch uns weh tun. Glück erreichen wir nicht dadurch, dass wir all unseren impulsiven Wünschen nachgeben, sondern dadurch, dass wir ein besseres, zufriedenstellenderes, gesünderes „Ich“ entwickeln.
Manchmal braucht man ein Kind, um zu bemerken, dass der Kaiser keine Kleider an hat. Nehmen wir uns diese Botschaft unserer Kindern zu Herzen und befreien wir uns von den Fesseln unmoralischer Moden und Verhaltensweisen, damit wir über unsere Instinkte hinauswachsen und alles werden, was wir sein können.
Dear Rabbi,
“Manchmal braucht man ein Kind, um zu bemerken, dass der Kaiser keine Kleider an hat.”
This doesn’t mean that kids know better per se. Perhaps it just means that it’s most important to them? Which would makes sense, because of the possibility, that you also referred to, of an instable parental relationship which directly challenges their wellbeing.
At the same time, it appears that these children otherwise live in a secure environment. Kids growing up in a violent environment might be exposed to other threats and prefer lo tirtzach or lo tignov.
But interesting nonetheless.
Thanks and good Shabbos,
Cheski