Das Ziel heiligt die Mittel … eben nicht

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Austrian-German_Swiss_flags-tinyAls im Jahr 1929 die „Gang“ vom bis dahin berühmten, seither berüchtig­tem Gangster Al Capone sieben Mit­glied­er der irischen „North Side Gang“ um­brachten, wurde der Wunsch nach einer Verhaftung von Al Capone selbst immer lauter. Es fehlte der FBI aber an Beweisen um Al Capone für diese Morde und anderen Verbrechen zu belangen. Schließlich wurde er unter dem Vorwurf der Steuerhinterziehung verhaftet. Damit wurde zwar ein gefährlicher Verbrecher ausgeschal­tet, aber die eigentlichen Verbrechen (unter anderem 33 Morde) wurden nie aufgeklärt. War diese Vor­gang­weise gerecht? Seither haben schon viele Jura-Studenten Freude daran gehabt, mit viel Eifer die jeweiligen Klagen und Gegenklagen zu überprüfen.

Hätte Al Capone vom Anfang an einen kompetenten Steuerrechtsanwalt, wäre er möglicher­weise sogar freigesprochen worden! Damit wäre aber die Strategie der FBI gescheitert, was in solchen Fällen  immer befürchtet werden muss. Obwohl wir geteilter Meinung sein können, was Al Capone betrifft (schließlich hat seine Verhaftung weitere Machenschaften seiner Gang leider nicht verhindert), mahnt uns die Tora in dieser Parascha vor der Gefahr, verwerfliche Mittel sogar für einen guten Zweck einzusetzen. Dies ist ein wesentlicher Grundpfeil der Jüdischen Rechtslehre: „Der Gerechtigkeit, ja der Gerechtigkeit jage nach“ (Dewarim 16:20). Diese doppelte Wort­wen­dung versteht Targum “Jonathan” als Mah­nung, Ge­recht­ig­keit nur mit aufrechten Mitteln zu erlangen.

Nur dem jüdischen Schiedsgericht trauten sie

Während des 18., 19., und 20. Jahrhunderts waren osteuropäische Zivilgerichtshofe nicht immer ein Vorbild des unparteiischen Rechtsspruches. Das Juden innerjüdische Gerichtsfälle dem Bejs Din (dem rabbinischen Schiedsgericht) vorlegten, ist verständlich, ja sogar selbstverständlich. Warum würde ein Jude seinen Religionsbruder oder -schwester von einem nichtjüdischen Gericht verklagen, was von der Tora übrigens untersagt ist. Höchst interessant ist aber, dass erstaunlicherweise sogar Nicht­juden manchmal den Bejs Din statt eines Zivil­gerich­tes auf­such­ten weil sie zum Bejs Din mehr Vertrauen hatten.

Der in 1936 in Wien verstorbene „Rogat­schower Gaon“, Raw Joseph Rosen (1858 in Rogachev geboren) war ein anerkanntes Genie und respektierter Dajan (rabbinischer Richter) im Bejs Din. Einst klagten zwei Litauer Nichtjuden eine jüdische Witwe in seinem Bejs Din an.  Während der Befragung bemerkte der Gaon, dass etwas in den Argumenten der Witwe nicht stimmte. Plötzlich wandte er sich ihr zu und fragte in Jiddisch: „Sie denken dass Sie im Recht sind weil Sie glauben, dass es nicht schlimm ist einen Nichtjuden zu betrügen?“ Dem stimmte die Witwe zu weil sie dachte, so die Sympathien des Raws für sich gewonnen zu haben. Daraufhin sagte er ihr: “Aber dem wiederspricht die Halacha!”, wandte sich den zwei Litauern zu und sagte auf Russisch: „sie hat unrecht und muss euch zahlen.“

Anfang 2011 wurde aus Israel berichtet, dass ein Araber, der von seinem jüdischen Arbeit­geber einen ungedeckten Scheck erhielt und so seinen Lohn nicht einkassieren konnte, statt zum zivilen Gericht direkt zum Bejs Din von Sderot zu Gericht ging. Dieses gab ihm Recht, und er bekam sein Geld.

 

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